"Schaar zum Vorratsdatenstreit
"Ein Terrorist kann die Speicherung umgehen"
Milliarden Daten speichern, um Terror zu verhindern: Eine falsche Strategie, findet der Datenschutzbeauftragte Peter Schaar. Er erwartet, dass das Verfassungsgericht jetzt die Vorratsdatenspeicherung kippt. Im Interview mit SPIEGEL ONLINE kritisiert er die Sammelwut des Staats - und der Mobilfunkanbieter.
SPIEGEL ONLINE: Herr Schaar, am Dienstag verhandelt das Bundesverfassungsgericht über die Vorratsdatenspeicherung. Sie gehören zu den Gegnern der umfassenden Überwachung. Rechnen Sie mit einem Erfolg?
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Peter Schaar: Ich bin optimistisch, dass das Verfassungsgericht die Argumente der Kritiker ernst nimmt und bei seiner Entscheidung berücksichtigen wird. Ob das allerdings auch dazu führt, dass die gesamte Vorratsdatenspeicherung kippt oder ob es nur bei einer eingeschränkten Nutzung bleibt, ist natürlich noch offen.
SPIEGEL ONLINE: Das BKA beispielsweise besteht auf der Vorratsdatenspeicherung. Was ist wichtiger: Terrorabwehr oder Datenschutz?
Schaar: Diese Frage ist so alt wie falsch gestellt. Entscheidend ist doch: Wessen Daten werden für welchen Zweck gespeichert? Wie werden sie geschützt und welche werden wirklich benötigt, um den Terrorismus zu bekämpfen? Ein Terrorist, der bewusst bestimmte Taten plant, weiß ja auch um diese Speicherung und hat vielfältige Möglichkeiten, sie zu umgehen. So wird die Kommunikation in den sozialen Netzwerken (wie Facebook oder Xing/Anm. d. Red.) beispielsweise nicht von der Verpflichtung zur Speicherung erfasst - obwohl man über diese Dienste ebenfalls Nachrichten austauschen kann. Der normale Bürger dagegen wird beim Telefonieren oder Schreiben von E-Mails automatisch zum "Objekt der Speicherung".
SPIEGEL ONLINE: So einfach kann man also "ungespeichert" davonkommen?
Schaar: Exakt. Wer es darauf anlegt, kann sich entziehen, während ich als normaler Handy-, Telefon- und E-Mail-Benutzer überall Spuren hinterlasse. Und diese Spuren sind - wie wir festgestellt haben - doch umfangreicher, als man ursprünglich gedacht hat. Darüber werde ich auch dem Bundesverfassungsgericht berichten."
http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 11,00.html